Kurz in New York.

Nein: Kein Außenminister, auch keine Urlaubs-Selfies. Sorry, Folks. Stattdessen: Zwei Fotografen, die ich in New York entdeckt habe.

Konkret der eigentlich hinlänglich bekannte Elliot Erwitt (*1928), der anlässlich einer kleinen, dennoch instruktiven Schau in der Milk Gallery zu begutachten war. Gezeigt wurden  einige ikonografische Aufnahmen aus dem Magnum-Portfolio – und zwar als Teil der gesamten Aufnahme-Sequenz auf den jeweiligen Kontaktbögen, die so einen außergewöhnlichen, mitunter entlarvenden Blick auf die Entstehungsgeschichte einer heute im kollektiven Gedächtnis verankerten Bilder wirft. Erst in diesen Gesamtkontext eingebettet, lässt sich manches vermeintlich authentische Zeitdokument als – bewusst oder unbewusst ausgewähltes – Werkzeug zur Manipulation des Betrachters enttarnen. Wir kennen das ja aus diversen viralen Seuchen-Videoclips und sehr prononcierten Bildern aus aktuellen Konflikt-Regionen.

Bei einer Fotoserie von Elliot Erwitts aus dem Jahr 1959 wurde auch sehr bewusst ausgewählt. Sie zeigt US-Vizepräsident Richard Nixon, der einem tumb dreinblickenden Nikita Chruschtschov, damals UdSSR-Staatchef, die Leviten liest. So scheint es zumindest. In der gesamten Sequenz erweist sich Chruschtschov jedoch als mindestens genau so körperlich aktiver, handfester Rhetoriker. Im Gedächtnis jedoch blieb indes ein smarter Richard Nixon, der dem Ober-Sowjet ordentlich die Meinung textet.

Nicht minder lehrreich, wenngleich auf eine ganz andere Art, war die Retrospektive von Garry Winogrand (1928 – 1984) im Metropolitan Museum of Art. Wie Erwitt ist Winogrand ein Meister der Momentaufnahme. Unterschiedlicher könnten die beiden dennoch nicht sein. Während Erwitt ein spielerischer, mit künstlerischem Blick ausgestatteter Chronist ist, der oft ironisch, manchmal zynisch mit dem Personal vor der Kamera umgeht, ist Winograd – vor allem in seinen späteren Jahren – ein Sozialforscher, der die Schwächen und Marotten der besseren Gesellschaft ausleuchtet. Zärtlich, mit leiser Melancholie, ging er jedoch mit seinen Motiven um, wenn er Street Photography avant la lettre betrieb. Die Straße als Ort von Verzweiflung, Armut, Desillusionierung. Kein Platz für künstlerische Verklärung.

Die aktuelle Ausstellung im International Centre of Photography (ICP) hat mich darüber hinaus bemerkenswert kalt gelassen. Von Elliot und Winogrand hinreichend inspiriert fing ich vor dem ICP – ein Sturzregen ging gerade nieder – einige Straßenszenen ein. Letzteres ist dann aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit mit den oben genannten Fotografen.

New York

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